Schießlehre 1

Dieser Beitrag startet eine kleine Reihe über die Biathlonschießlehre als Teil der Biathlonschießtechnik. Grundkenntnisse der Schießlehre sind die Voraussetzung für das Erlernen der Biathlonschießtechnik. Sie helfen dem Sportler bzw. der Sportlerin dabei ihr eigenes Handeln im Training und Wettkampf zu verstehen und damit sicherer anzuwenden.

Leider werden die Kenntnisse zur Biathlonschießtechnik in der Ausbildung junger Sportler oft sträflich vernachlässigt. Mit diesem und den folgenden Beiträgen möchte ich dazu beitragen, dass dem in der Zukunft nicht mehr so ist.

Grundsätze

Die Schießlehre umfasst:

  1. Die Lehre vom Schuss,
  2. Die Visiereinrichtung und das Zielen,
  3. Die Streuung, das Treffbild und die Geschosswirkung sowie
  4. Das Ermitteln der Anfangswerte und Schusskorrekturen.

In diesem Beitrag soll zunächst die Lehre vom Schuss dargestellt werden. 

Lehre vom Schuss

Die Lehre vom Schuss beschreibt die theoretischen Grundlagen des Schießens. Sie umfasst die Innenballistik, die Abgangsballistik (Auch Zwischen- oder Übergangsballistik genannt, untersucht die Bewegung der Geschosse sowie damit zusammenhängende Vorgänge an der Mündung und in deren unmittelbarer Umgebung. Sie wird im Rahmen dieses Dokumentes nicht weiter betrachtet.), die Außenballistik sowie die Zielballistik.

Die Schießlehre stellt insgesamt die praktische Anwendung der Teildisziplinen Innenballistik, Außenballistik sowie Zielballistik dar und ermöglicht die Ableitung von Grundsätzen für die Biathlonschießtechnik.

Die Innenballistik beschreibt die Geschossbewegung im Rohr, welche das Geschoss nach Zündung der Treibladung vom Patronenlager bis zur Rohrmündung zurücklegt.

Bei allen Biathlongewehren trifft der Schlagbolzen auf den Anzündrand der Patrone und entzündet über den Anzündsatz die Treibladung. Wenn die Treibladung verbrennt, entstehen Gase, die das Geschoss unter starkem Druck durch das Rohr treiben (Gilt nicht für die in der Schülerklasse verwendeten Luftgewehre. Hier wird der notwendige Druck zum Beschleunigen des Geschosses (Diabolo) durch Druckluft bereitgestellt.). Dadurch bewegt sich das Geschoss mit rasch zunehmender Geschwindigkeit vorwärts. Die Geschwindigkeit ist im Wesentlichen abhängig von

  • der Treibladung (Stärke des Druckes),
  • dem Geschoss (Material, Gewicht) und
  • der Länge und Beschaffenheit des Rohres.

In das Rohr sind gewindeartig Züge eingeschnitten. Die vorstehenden Teile, die Felder, geben dem Geschoss eine Drehung (Drall) nach rechts um seine Längsachse.

Die Außenballistik beschreibt die Geschossflugbahn vom Verlassen der Rohrmündung bis zum Auftreffen auf das Ziel.

Grundkenntnisse über die Faktoren, die die Geschossflugbahn beeinflussen, sind Voraussetzung für ein treffsicheres Schießen. Die Sportler erlernen dadurch Abweichungen von den normalen Schießbedingungen zu erfassen und sie bei Schusskorrekturen zu berücksichtigen. 

Die Geschossflugbahn wird im Wesentlichen durch folgende Faktoren beeinflusst:

  • Abgangsrichtung (nach Seite und Höhe),
  • Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses (V0),
  • Anziehungskraft der Erde,
  • Drall,
  • Luftwiderstand sowie
  • sonstige Wettereinflüsse.

Die Abgangsrichtung ist die Flugrichtung des Geschosses bei Verlassen des Rohres.

Die Anfangsgeschwindigkeit beschreibt die Geschwindigkeit des Geschosses 1 m nach Verlassen der Rohrmündung. Sie wird in m/s gemessen. Die Geschwindigkeit des Geschosses verringert sich während des weiteren Fluges ständig. Von der Anfangsgeschwindigkeit hängt wesentlich die Krümmung der Flugbahn ab. Je höher die Anfangsgeschwindigkeit ist, desto gestreckter die Flugbahn des Geschosses.

Die Anziehungskraft der Erde wirkt immer in Richtung Erdmittelpunkt und „zieht“ somit das Geschoss zur Erdoberfläche.

Durch den Drall wird das Geschoss in seiner Längsachse stabilisiert, sodass es sich nicht überschlägt.

Der Luftwiderstand vermindert die Geschwindigkeit des Geschosses.

Bei den sonstigen Witterungseinflüssen handelt es sich um Wind, Temperatur, Luftdruck sowie Niederschläge. Starke Niederschläge bremsen das Geschoss ab und Seitenwind verursacht eine Seitenabweichung.

Das Zusammenwirken von ständiger Verringerung der Anfangsgeschwindigkeit durch den Luftwiderstand und Anziehungskraft der Erde bewirkt die charakteristische Krümmung der Flugbahn, da sich sämtliche Faktoren im Verlaufe des Geschossfluges permanent verändern.

Geschossflugbahn

Die Zielballistik beschreibt die Wirkung des Geschosses im Ziel. Die Kenntnis der Zielballistik ist erforderlich, um zu verstehen, wie die Treffer in den verschiedenen genutzten Zielen zustande kommen, sowie sich der möglichen Konsequenzen der Schussabgabe entsprechend der vier grundlegenden Sicherheitsregeln bewusst zu sein.

Bei der Schussabgabe treten grundsätzlich folgende Nebenwirkungen auf:

  • Mündungsfeuer (restliche, noch brennende Pulvergase),
  • Mündungsknall (Pulvergase, die hinter dem Geschoss stoßartig an der Rohrmündung austreten),
  • Geschossknall (Luftwelle bei Geschossen, deren Geschwindigkeit größer als die Schallgeschwindigkeit ist) und
  • Rückstoß.

Bei der beim Biathlonschießen verwendeten Munition sind diese Nebenwirkungen als eher gering einzustufen bzw. fehlen vollständig (z.B. Geschossknall). 

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